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Frühjahrsdurchsicht einzargiger Ableger

#Bienenvolk #Ableger #imkern
Dieser Ableger sitzt ganz randständig rechts: Der Wabensitz soll neu ausgerichtet werden.

Minimalismus statt Raffinesse

Um die imkerlichen Betriebsweisen herrscht ein (Wett-)Streit, welche die bessere sei. Im Moment ist das Schieden im angepassten Brutraum wieder recht modern, was von anderen kategorisch abgelehnt wird. Wir sehen das gelassener und wollen auch unseren Neuimker/innen ermöglichen, ihren eigenen Weg zu finden.

Wir selbst schieden nicht und lehren das auch nicht, weil wir mit möglichst wenigen Eingriffen durchs Bienenjahr kommen wollen. Wir stellen damit aber andere Betriebsweisen nicht grundsätzlich in Frage.

 

Erste Völkerdurchsicht

Auch jetzt, Anfang April, haben wir längst noch nicht alle Völker durchgeschaut: Es reichte uns ein Anheben der Völker zur Gewichtskontrolle oder im Zweifel ein schneller Blick unter die Folie, ob noch verdeckeltes Futter zu sehen ist. Die Fluglochbeobachtungen zeigen uns, dass alles in Ordnung ist, wenn die Sammlerinnen eifrig Pollen eintragen. Da wir ohne Mäusegitter imkern, mussten wir noch nicht einmal diese entfernen und die Bienen konnten durch den freien Ausgang auch selbst ihr Bodenbrett vom Totenfall reinigen. Lediglich für die Futterkranzprobe zur Erlangung des Gesundheitszeugnisses mussten wir notgedrungen die Völker öffnen und einige Waben ziehen, wie wir bereits in gesondertem Beitrag gezeigt haben.

Das Volk wurde neu mittig ausgerichtet. Eine Leerzarge dient als Wabenständer und Transportkiste.
Das Volk wurde neu mittig ausgerichtet. Eine Leerzarge dient als Wabenständer und Transportkiste.

Einzargig oder zweizargig?

Unsere Vollvölker überwintern grundsätzlich auf zwei Zargen, so dass auch nicht so schnell eingegriffen werden muss: Die Königin hat i.d.R. genügend Platz für das Brutnest trotz vielleicht noch üppiger Futtervorräte. Wir werden in einem gesonderten Beitrag die Frühjahrsdurchschau der zweizargigen Vollvölker betrachten.

Bei einzargigen Ablegern ist die Überwinterung etwas schwieriger: Man muss schon bei der Auffütterung im Sommer aufpassen, dass das Brutnest nicht zu schnell eingeschnürt wird. Bei der Überfütterung eines Einzargers im Deutsch-Normal-Maß überwintert das Bienenvolk nach eigener Beobachtung schlechter, weil die Traube in den Unterboden durchhängen muss, wenn es nicht die vollen Futterzellen alle miterwärmen will. 

 

Ausrichtung am Flugloch

Die Bienen richten ihren Sitz nach dem Flugloch aus. Damit die Bienen sich nicht durch die Winntersonne zu schnell aus der Wintertraube locken lassen, beschatten wir gerne die Fluglöcher etwas. In vorliegendem Fall hatte ich das so ungeschickt gemacht, das dem Volk ein seitliches Flugloch suggeriert wurde, an dem es sich orientierte. Das Volk saß mit seinem Brutnest ganz rechts an der Wand.

 

Sieben Ziele der Frühjahrs-Durchschau:

  1. Wie bei jeder Durchschau achten wir auf WeiselrichtigkeitVolksstärke u. -Entwicklung: Bei der Durchschau Ende März fiel auf, dass zwar verdeckelte und jüngste Brut (Eier und kleine Maden) vorhanden waren, aber kaum dickere Rund- und Streckmaden, was auf die zurückliegende Kaltwetterphase zurückzuführen ist, in der das Brutnest der Völker zurückgefahren wurde.
  2.  Natürlich achten wir bei der Durchschau auch auf Krankheitssymptome, wie z.B. Kalkbrut, die uns in vergangenen Jahren schon bei einigen Völkern Probleme bereitete. In einem solchen Fall würde man das Volk lieber noch eng halten und ggf. weitere Schritte überlegen.
  3. Wir achten auf die (Neu-)Ausrichtung des Bienensitzes, wie im vorliegenden Fall, damit sich das Brutnest gleichmäßig entwickeln kann: Das Brutnest bildet die thermische Zentrale des Volkes. Die Königin kann weiterhin in großen Kreisbahnen ihr Brutnest erweitern. Bei mittigem Brutnest werden die Futtervorräte auch wunschgemäß an den Seiten und später oben im Honigraum abgelagert. Das Brutnest soll nicht "verhonigen" und ein so ausgerichtetes Volk bereitet später im Jahr weniger Arbeit.
  4.  Wabenerneuerung: Leerwaben, Mittelwände, Baurahmen: Entsprechend Pkt. 3 wird auf freie Brutzellen kontrolliert und ggf. der Königin Platz für die Eiablage geschaffen, indem möglichst Leerwaben an das Brutnest gehängt werden und überschüssige Futterwaben oder schimmlige Altwaben entnommen werden. Bei älteren zweizargigen Völkern ist die Entfernung der Altwaben aus der unteren Zarge ein gesondertes Thema. Im Falle der hier betrachteten Jungvölker wird es sich jedoch höchstens um stockige Randwaben handeln, da die einzargigen Völker ja erst im letzten Sommer mit der Brut begonnen haben und entsprechend keine alten Brutwaben besitzen. Da mit zunehmender Tracht auch der Bautrieb im Volk wächst, können auch schon Mittelwände gegeben werden, wenn genügend Leerwaben zur Eiablage existieren. Mindestens sollte ein Baurahmen zur Errichtung des Drohnenbaus vorhanden sein. In der Regel belassen wir über Winter einen ausgebauten Drohnenrahmen im Volk, so dass das Volk auch direkt im Frühjahr Drohnen erzeugen kann, die wir zur Varroareduktion erst einmal nach der Deckelung entfernen. In diesem Jungvolk musste erst noch ein Drohnenrahmen gegeben werden. Auf die Anfangsstreifen im Baurahmen kann verzichtet werden, wenn dieser zwischen fertig ausgebaute Waben gehängt wird. 
  5. Pollenwaben sollen dem Volk aber bleiben und sollen auch nicht aus Gründen übertriebener Wabenhygiene entfernt werden, wenn sie schon einmal bebrütet sind. Sie sind für die Volksentwicklung gerade jetzt besonders wichtig! Sie gehören an den Rand des Brutnestes und wirken wie ein Schied. Daher sind sie, wie im Film gezeigt ggf. behutsam zu verschieben, um die Erweiterung des Brutnestes zu ermöglichen. Jungvölkern, die es noch nicht vermochten, genügend Pollenvorräte anzulegen kann an schlechten Standorten ggf. besser sogar eine Pollenwabe zugehängt werden. Wir haben durch Bepflanzungen vor allem mit der Kätzchenweide aber für viel Naturpollen im Frühjahr gesorgt.
  6. Der Futtervorrat muss aber noch großzügig bemessen werden und der Futterstrom darf auch nicht abreißen: Das Futter muss auch an kalten Tagen erreichbar bleiben. In vorliegendem Fall war auf den Brutwaben selbst jeweils hinten (fluglochfern) dick Futter vorhanden, so dass die Randwaben etwas großzügiger abgerückt werden konnten. Die Abschätzung der Futtervorräte hängt auch von örtlichen Gegebenheiten der zu erwartenden Tracht und des zu erwartenden Wetters sowie von der jeweiligen Volkstärke ab.
    Erst bei der Honigraumgabe in einigen Wochen (Raps- oder Kirschblüte) wird rigoroser das Winterfutter entfernt, um ein Umtragen in die Honigwaben zu verhindern. Aber auch zu dem Zeitpunkt können dann die Randwaben im Brutraum für Schlecht-Wetter-Phasen mit Futter verbleiben, da sich das Brutnest nicht bis an den Rand der Zarge ausdehnen wird. Wir setzen vorher eine zweite Brutzarge unter, was ggf. sogar zeitgleich mit der Honigraumfreigabe geschieht, um uns und den Bienen überflüssige Arbeitseingriffe zu ersparen.
    Sollte aber bereits jetzt, Ende März/Anfang April, aus welchem Grund auch immer, zu wenig Futter im Volk sein, so dass der Übergang bis zur Honigraumfreigabe nicht gewährleistet ist, wird einfach eine Futterwabe zugehängt, die andernorts entnommen wurde. 
  7. Reizung: Durch einige Tricks kann nun auch behutsam der Bruttrieb des Volkes beflügelt werden. Das ist auch von der jeweiligen Situation und Volkseinschätzung abhängig. So können Futtervorräte aufgeritzt werden, um ein Umtragen des Futters durch die Bienen zu erzwingen oder sogar, wie im Film gezeigt, die ganze Zarge gedreht werden, damit die Bienen sich über das dann am Eingang befindliche Futter hermachen. Ein Großteil des so "umgetragenen" Futters wird bei dieser Aktion direkt verbraucht bzw. in "Brut umgesetzt", wie man sagt, obgleich das so natürlich nicht ganz richtig ist. Der Königin und ihrem Hofstaat wird vielmehr ein hereinkommender Futterstrom suggeriert. Auf Reizfütterungen durch Flüssigfutter oder Futterteig verzichten wir gänzlich.
#Bienenvolk #Ableger #imkern
Das Brutnest wird mit Leerwaben und Baurahmen erweitert.

Individualität

In jedem Volk wird man eine andere Ausgangssituation vorfinden und individuell entscheiden: Oft sind kaum Eingriffe nötig, weil das Volk sich prächtig entwickelt. Wir rühren dann auch nicht unnötig im Volk herum. In vorliegendem Fall waren ungewöhnlich viele Eingriffe nötig, weil das Volk ganz randständig saß, recht klein ist und entsprechend viel Futter über hatte, das die Entwicklung blockierte. Gerade deshalb eignete es sich aber als Anschauungsobjekt. Das Ganze ist daher auch noch einmal in nachfolgendem Film incl. Untertitelung festgehalten:

vSa