Das Flügelstutzen und Kennzeichnen der Königin

Flügel stutzen

Die Königinnen der Ameisen werfen die Flügel nach dem Hochzeitsflug von alleine ab, die der Bienen behalten sie, um im Folgejahr schwärmen zu können. Beim Schwärmen fliegt ein Großteil des Volkes mit der Königin davon. Wir wollen natürlich die Bienen behalten und imkern daher möglichst schwarmfrei.
Sollten wir nicht aufgepasst haben und die Bienen dennoch schwärmen wollen, so taumelt die Königin mit gestutztem Flügel zu Boden und der Schwarm bleibt ganz in der Nähe. Sollte man nicht rechtzeitig zugegen sein, so ziehen sich die Bienen in den Stock zurück und schlimmsten Falls ist die alte Königin verloren. Das gefährliche Klettern in schwindelerregende Höhen, um den Bienenschwarm wieder einzufangen, gehört so jedenfalls der Vergangenheit an, wenn man nicht auch noch den Nachschwarm mit einer neuen Königin ausziehen lässt. Das Stutzen einer Flügelspitze ist keine Quälerei: Der Königin tut das nicht weh und bei Arbeitsbienen fransen die Flügelenden im Verlauf ihrer Sammelflüge ohnehin immer mehr aus, so dass das Einkürzen der Flügel dort von alleine vorkommt. Die Ameisenkönigin verlieren, wie gesagt, sogar von alleine die Flügel, weil sie sie nicht mehr brauchen.

(Zur Praxis des Flügestutzens vgl. z.B. auch Klaus Nowottnick: Flügel-Stutzen, in Die Biene 4/1992, S. 208-210!)

Das Stutzen eines Flügels sollte vor dem Aufkleben des Zeichenplättchens erfolgen. In umgekehrter Reihenfolge läuft man Gefahr, dass das noch frisch aufgeklebte Zeichenplättchen wieder abgestreift wird. Wenn die Königin bereits vor dem Hochzeitsflug gekennzeichnet werden soll, was beim Beschicken von Belegstellen üblich ist, so kann man ihr erst später den Flügel kürzen und muss sie erneut abfangen. Wenn sie erst eine Weile in Eiablage ist, wird sie auch behäbiger.

In diesen Erkärvideos seht ihr, wie es gemacht wird:

Nachtrag zum Flügelstutzen (24.7.2020)

Zur Klarstellung muss noch einmal erwähnt werden, dass hier nicht vom Flügelstutzen bei Vögeln die Rede ist und auch nicht damit vergleichbar ist. Das hier gezeigte Verfahren steht auch nicht im Widerspruch zum Tierschutzgesetz. Die Bienenkönigin nutzt ihre Flügel im Stock nicht, den sie auch freiwillig nicht verlässt! Die hier gezeigte Praxis wird vielmehr vielfach in der Fachliteratur empfohlen, wozu ich auch obigen Literaturverweis angeführt habe.

Ich zitiere hier auch noch den nicht nur von Buckfast-Imkereien vielgeschätzten Bienenvater Bruder Adam, der den Zweck in seinem bekannten Kasseler Vortrag schön auf den Punkt bringt:

"Ich hätte eigentlich schon vorher erwähnen sollen, dass bei uns nie eine Königin zugesetzt wird, ohne dass ein Flügel gestutzt ist. Dies verhindert das Schwärmen nicht, aber ein Schwarm kann nie durchbrennen, muss immer wieder zurück ohne eine Königin. Das Stutzen der Flügel erspart den Verlust vieler Schwärme sowie aller Gefahren, Mühe und Arbeit, die mit dem Einfangen verbunden sind. Ich weiß, was das bedeutet. Unsere Umgebung ist baumreich. Einen Schaden oder Nachteil — durch das Stutzen der Flügel verursacht — habe ich in 40 Jahren nie bemerkt. Ein Großimker mit vielen Außenständen könnte ohne diese einfache Vorsichtsmaßnahme kaum mit Erfolg imkern. In der Tat, das Stutzen der Flügel wird bei uns als eine elementare Selbstverständlichkeit angesehen." (http://www.pedigreeapis.org/biblio/artcl/BAKassel60de.html)

Das von Bruder Adam vorgebrachte Argument zählt bei heutigen Stadtimkereien umso mehr: Ein Schwarm im Kaufhauseingang oder an der Kreuzungsampel ist noch weitaus ärgerlicher als einer im Baum!
Der renomierte Lehrmeister und Praktiker Karl Weiß hat es u.a. in seinen Werken Der Wochenend-Imker und Neue Imkerschule gelehrt und selbst in den jüngsten Werken zur Königinnenzucht wird das Flügelschneiden als Praxisbaustein besprochen. Gilles Fert und Klaus Nowottnick widmen in ihrem Buch Königinnen-Zucht. Praxisanleitungen für Imker immerhin ein kurzes bebildertes Kapitel dem Flügelschneiden.

Es hat seine Gründe, dass erfahrene Praktiker sich für ein Flügelstutzen aussprechen! Die Ablehnung kommt hingegen oft aus Unkenntnis oder aus mangelndem Mut, es selbst zu lernen. Die Ablehnung der Praxis kommt heute auch von Massenlieferanten in der Königinnenzucht, die den Aufwand nicht betreiben können (die Königin wäre zu teuer) oder bei der Akkordarbeit der Massenabfertigung dann doch Gefahr laufen würden, Königinnen zu verletzen. Das hat mit dem hier gezeigten behutsamen Vorgehen aber nichts zu tun. Die Königin und ihr Gefolge stört sich eher am Farbplättchen als am gestutzen Flügel: Die Bienen im Gefolge versuchen sehr wohl, den Rücken der Königin zu reinigen, wie ich oft beobachtet habe, und bloße Farbe wird über kurz oder lang sogar abgetragen, so dass Zeichenstifte nur begrenzte Wirkung zeigen. Die Königin muss mit ihrem neuen Rückenranzen bei der Eiablage bis zu 2000 Zellen täglich prüfen. Wenn sich also Leute gegen das Zeichnen der Königin aussprechen, kann ich das noch eher verstehen. Noch nie habe ich aber in all den Jahrzehnten, in denen ich das Flügelschneiden schon praktiziere, beobachtet, dass sich eine Biene auffällig mit dem gestutzten Flügel beschäftigt hätte oder es gar nach dem Stutzen zur Ablehnung und Umweiselung im Volk gekommen wäre. Mir ist - wie Bruder Adam - kein Nachteil bekannt:

Auch in der hier gezeigten Imkerpraxis lässt sich der Schwarm vorwegnehmen und mit der Königin lassen sich sogar noch Kunstschwärme bilden, indem man sie im Käfig aufhängt usw. Eine unreflektierte willentliche Schwarmimkerei ist in den meisten Gegegenden - nicht nur in Stadtimkereien - hingegen fahrlässig und gar nicht möglich. Einzig, wer nach strengen Bio-Richtlinien imkert, die z.T. auch Rähmchen im Brutraum ablehnen (Demeter), darf der Königin keinen Flügel stutzen. Ich stelle das meinen Kursteilnehmern frei, demonstriere es aber und empfehle es auch ausdrücklich: Der Ärger und der Schaden, der durch wilde Schwärme verursacht werden kann (angefangen von der Varroa-Verbreitung und Seuchenverschleppung bis hin zu Feuerwehreinsetzen und stillstehenden Straßenbahnen, weil der Schwarm an der Oberleitung hängt usw.) ist nicht zu unterschätzen und das wilde Volk oft dem Verderb preisgegeben. Wer will diese Verantwortung tragen? Auch kann bei Hobby-Imkerinnen und Hobby-Imkern, die einem anderen Hauptberuf nachgehen, nicht sichergestellt werden, dass sie in der Schwarmzeit wöchentlich nach ihren Bienen schauen und sichere Schwarmverhinderung betreiben: Da spielt schon das Wetter nicht immer mit.

Ich spreche also noch einmal die klare Empfehlung aus: Wenn man sich schon die Mühe macht, die Königin zum Zeichnen abzufangen, so sollte man ihr auch gleich einen Flügel einkürzen.

 

geeignete Hilfsmittel

Mit einem Zeichenröhrchen gelingen beide Arbeitsschritte schnell und zuverlässig. Man sollte aber ein Zeichenröhrchen mit Absperrgitter (4,2 mm breite Schlitze) nehmen, keines mit Netz: Beim Netz ist das Stutzen des Flügel nämlich etwas komplizierter, weil der Flügel ggf. erst durchs Netz gefädelt werden muss.
Wer die Königin mit bloßen fingern abfangen und festhalten will, darf sie nur am Bruststück (Thorax) festhalten und sollte zumindest keine kittharz-verschmierten Finger haben, was schwierig ist, wenn man zuvor die Waben gezogen hat. Außerdem ist der Stress für die Königin wahrscheinlich größer und ihr könnten menschliche Fremdgerüche anhaften. Auch verlaufen im Hinterleib die Eierstöcke mit den empfindlichen Eileitern: Angeblich könnte ein erhöhter Druck zum Verkleben der äußeren Eileiter und damit zu schlechterer Legeleistung der Königin führen. Die kolportierte Studie habe ich selbst jedoch nicht gefunden und kann hier nur Hörensagen wiedergeben (vgl. hierzu Video von Dirk Unger). Jedenfalls bleibt man mit der hier gezeigten einfachen Methode auf der sicheren Seite.

 

Farben der Zeichenplättchen

Die Farben werden von Jahr zu Jahr dunkler, so dass man sie sich leicht merken kann. Sie wiederholen sich alle fünf Jahre. So geht es weiter:

2021 weiß

2022 gelb

2023 rot

2024 grün

2025 blau

 

In einem früheren Beitrag sind die Abläufe noch genauer schildert:

Stockmutter stets signiert

 vSa